Bibelarbeit zum Thema Vergebung


Vergebung ist für uns als Christen eines der zentralen Themen unserer Beziehung zu Gott:
Wir haben das Leben, weil Gott uns vergibt.

Zugleich fordert die Bibel uns ausdrücklich dazu auf, selbst zu vergeben. Untersucht werden soll, was genau die Bibel zu diesem Thema sagt.

INHALT:

       1) Siebzigmal siebenmal
      
2) Das Gleichnis vom unbarmherzigen Knecht
      
3) Ist es nicht unrealistisch, seinen Feinden zu vergeben?
       4) Das Verhältnis von Vergebung und Reue



1) Siebzigmal siebenmal

Ausgangspunkt der weiteren Überlegungen soll die Antwort sein, die Jesus dem Petrus in Matthäus 18,21-22 gibt:
Dann trat Petrus zu ihm und sprach: Herr, wie oft soll ich meinem Bruder, der gegen mich sündigt, vergeben? Jesus spricht zu ihm: Ich sage dir: Nicht bis siebenmal, sondern bis siebzigmal sieben mal !“

Petrus brachte gegenüber Jesus die Frage auf, wie oft er denn seinem Bruder vergeben solle, der gegen ihn gesündigt habe.
So sind die Menschen - die Vergangenheit wird nicht etwa "vergessen und vergeben", sondern alles wird gezählt und irgendwann ist dann die Grenze dessen erreicht, was man noch zu vergeben bereit ist. Irgendwann kommt sozusagen der sprichwörtliche Tropfen, der für uns das Faß zum Überlaufen bringt und wir denken uns “jetzt reicht´s mir aber, nun ist es genug”....

Petrus dachte daher wahrscheinlich, daß er schon sehr gnädig sei, wenn er siebenmal als Grenze vorschlug. Doch Jesus antwortet dem Petrus, daß er "sieben mal siebzig mal" vergeben müsse. Was für eine seltsame Antwort....
Sieben mal siebzigmal entspricht rechnerisch 490mal, doch geht es Jesus hier wohl kaum um irgendeine bestimmte Zahl. Gott will vielmehr, daß unser Herz immer zur Versöhnung und Vergebung bereit sein soll - “sieben mal siebzigmal” bedeutet nichts anderes als “unbegrenzt oft”.

Auch Gott muß uns nämlich immer wieder vergeben, deshalb sollen wir dies gegenüber unserem Nächsten auch tun.
Das Gegenstück zur Vergebung unserer eigenen Schuld (vgl.
Matthäus 26,28; Apg 10,43) ist nämlich, daß wir selbst vergeben. Ja, sogar unsere Errettung kann davon abhängen, ob und inwieweit wir selbst zur Vergebung bereit sind. So heißt es in Matthäus 6,14-15:
“Denn wenn ihr den Menschen ihre Vergehungen vergebt, so wird euer himmlischer Vater auch euch vergeben; wenn ihr aber den Menschen nicht vergebt, so wird euer Vater eure Vergehungen auch nicht vergeben.”

Dasselbe steht sinngemaß in Markus 11,25. So wie Gott uns vergeben hat, so sollen wir auch insbesondere dem Glaubensbruder vergeben:

Epheser 4,32: ”Seid aber zueinander gütig, mitleidig, und vergebt einander, so wie auch Gott in Christus euch vergeben hat!”

Kolosser 3,13: “Ertragt einander und vergebt euch gegenseitig, wenn einer Klage gegen den anderen hat; wie auch der Herr euch vergeben hat, so auch ihr !”



2) Das Gleichnis vom unbarmherzigen Knecht

Jesus erläutert diesen Zusammenhang unmittelbar im Anschluß an Seine Antwort mit einem Gleichnis, um die Notwendigkeit der Vergebung gerade für diejenigen zu betonen, die davon leben, daß ihnen selbst ihre Schuld vergeben wurde, vgl. Matthäus 18,23-35:

23 Deswegen ist es mit dem Reich der Himmel wie mit einem König, der mit seinen Knechten abrechnen wollte. 
24 Als er aber anfing, abzurechnen, wurde einer zu ihm gebracht, der zehntausend Talente schuldete.  
25 Da er aber nicht zahlen konnte, befahl der Herr, ihn und seine Frau und die Kinder und alles, was er hatte, zu verkaufen und damit zu bezahlen.
26 Der Knecht nun fiel nieder, bat ihn kniefällig und sprach: Herr, habe Geduld mit mir, und ich will dir alles bezahlen.
27 Der Herr jenes Knechtes aber wurde innerlich bewegt, gab ihn los und erließ ihm das Darlehen.
28 Jener Knecht aber ging hinaus und fand einen seiner Mitknechte, der ihm hundert Denare schuldig war. Und er ergriff und würgte ihn und sprach: Bezahle, wenn du etwas schuldig bist!  
29 Sein Mitknecht nun fiel nieder und bat ihn und sprach: Habe Geduld mit mir, und ich will dir bezahlen.
30 Er aber wollte nicht, sondern ging hin und warf ihn ins Gefängnis, bis er die Schuld bezahlt habe.
31 Als aber seine Mitknechte sahen, was geschehen war, wurden sie sehr betrübt und gingen und berichteten ihrem Herrn alles, was geschehen war.
32 Da rief ihn sein Herr herbei und spricht zu ihm: Böser Knecht! Jene ganze Schuld habe ich dir erlassen, weil du mich batest.
33 Solltest nicht auch du dich deines Mitknechtes erbarmt haben, wie auch ich mich deiner erbarmt habe ?
34 Und sein Herr wurde zornig und überlieferte ihn den Folterknechten, bis er alles bezahlt habe, was er ihm schuldig war.  
35 So wird auch mein himmlischer Vater euch tun, wenn ihr nicht ein jeder seinem Bruder von Herzen vergebt.

In der Geschichte geht es um einen König, der seine Schulden eintreiben will. Der König steht wie in anderen Gleichnissen auch hier für Gott. Die Knechte des Königs sind hingegen die Menschen, die alle miteinander große Schuld vor Gott haben.
Einer dieser Diener, der "zehntausend Talente schuldete" war zahlungsunfähig, so daß sein Herr befahl, daß er und seine Familie als Sklaven verkauft würden, um die Schuld zu bezahlen. Der verzweifelte Knecht aber bat um Zeit und versprach, alles zu bezahlen, wenn er noch eine Chance bekäme. Was die Summe von zehntausend Talenten angeht, die Jesus hier nennt, so ist das nach heutigen Maßstäben ein Milliardenbetrag - das Steueraufkommen der gesamten Provinz Galiläa betrug zur Zeit Jesu 300 Talente. Ein Talent war also eine sehr große Geldeinheit. Diese Einzelheit über die riesige Summe der Schuld wird ganz absichtlich genannt - sie dient dazu, die Zuhörer zu schockieren und ihnen das Ausmaß und das Gewicht der Schuld vor Gott zu verdeutlichen:

Mit all unseren vermeintlich “guten Werken" und unserer vermeintlichen “Liebe” sind wir nämlich alle nur Bettler vor Gott, da all dies nach Gottes Maßstab nur Halbheiten sind. Gottes Maßstab können wir nie erfüllen und in unserer Sünde liegt unsere Unfähigkeit, aus eigener Kraft heilig zu sein. Wir haben keine Hoffnung, jemals unsere Schuld bei Gott bezahlen zu können - sie muß vergeben werden. Das ist der einzige Weg.

Als der Herr die reuige Haltung des Knechtes sah, erließ er ihm die ganze Schuld. Das war ein Gnadenakt, nicht Gerechtigkeit. So ist es mit uns Sündern, wenn wir die Gnade Gottes annehmen, die darin liegt, daß Jesus unsere Schuld am Kreuz trägt: Nur Gnade, nicht Verdienst und nicht Gerechtigkeit.
Nun hatte dieser Knecht aber einen Mitknecht, der ihm einige hundert Denare schuldete (umgerechnet ein paar hundert Mark). Anstatt sie ihm zu erlassen, "würgte er ihn" und verlangte sofortige Zahlung. Der unglückliche Schuldner bat um Aufschub, doch auch das nützte ihm nichts. Der Gläubiger "warf ihn ins Gefängnis, bis er die Schuld bezahlt habe" - eine im besten Fall schwierige Aufgabe, da er kein Geld verdienen konnte, solange er im Gefängnis war. Als der König davon hörte, wurde er sehr zornig über diesen gnadenlosen Knecht. Dem Knecht selbst war eine gigantische Schuld erlassen worden, doch er weigerte sich nun, eine Kleinigkeit zu erlassen.

So ist es mit uns, wenn wir in Jesus volle Vergebung erfahren haben, aber einem anderen Menschen nicht vergeben wollen. Uns sind am Kreuz “Milliarden” erlassen worden - Berge von Schuld und Sünde in unserem Leben -, aber wir selbst wollen irgendwelche Kleinigkeiten nicht vergeben, die uns ein anderer angetan haben mag?

Wird Gott, der König aller Gnade, ein solches Verhalten, eine solche Härtigkeit des Herzens hinnehmen ?

Der König tut es nicht. Die Folterknechte im Gleichnis, denen der gnadenlose Knecht übergeben wird, sind ein deutliches Bild auf die Hölle.



3) Ist es nicht unrealistisch, seinen Feinden zu vergeben?

Für uns Menschen setzt Vergebung im Grunde immer voraus, daß der andere sich gebessert hat. Wenn wir keine Zeichen der Besserung sehen, sondern wir der andere so weitermacht wie bisher, dann vergeben wir nicht.

Die Bibel fordert uns aber auf, sogar unsere Feinde zu lieben (
Lukas 6,27-28). Dazu gehört es natürlich zuerst, ihnen in unserem Herzen vergeben zu haben. Bedeutet dies, daß wir irgendwie dazu verpflichtet wären, uns Illusionen über diejenigen zu machen, die wir als unsere Feinde ansehen müssen? Heißt die Feindesliebe, daß diejenigen für uns faktisch keine Feinde mehr sein dürfen, auch wenn sie uns weiterhin hassen?

Ich denke, daß man dem anderen gegenüber nicht naiv sein muß. Es ist kein Fehler, seine Gegner realistisch einzuschätzen. So ist ja auch die Feindesliebe eine Liebe gerade denen gegenüber, die tatsächlich "Feinde" sind:
Dadurch daß man sie liebt, hören sie nicht auf, Gegner zu sein.
Dadurch daß man sie segnet, ändert sich nichts daran, daß sie einem fluchen.
Dadurch, daß man für sie betet, ändert sich nichts daran, daß sie uns beleidigen.

Darum geht es auch nicht - wir müssen nicht Tatsachen leugnen, um lieben zu können, sondern die Liebe soll trotz dieser Tatsachen da sein.

Wir dürfen unsere Feinde realistisch einschätzen. Die realistische Einschätzung kann zum Beispiel darin zum Ausdruck kommen, daß wir ihren Angriffen aus dem Weg gehen. Aber wir sollen ihnen bei aller realistischen Einschätzung in unserem Herzen vergeben haben, sie segnen und für sie beten.

Wenn Du prüfen willst, ob Du jemandem wirklich vergeben hast, bete für ihn.



4) Das Verhältnis von Vergebung und Reue

Dies wirft als nächste Frage auf, ob Reue eine Voraussetzung von Vergebung ist. Oder anders gesagt: Sollen wir auch dann vergeben, auch wenn der andere seine Tat nicht bereut?

Voranstellen möchte ich dazu, daß Voraussetzung der Vergebung Gottes stets die Reue des Sünders ist. So heißt es in
1.Johannes 2,9: ”Wenn wir unsere Sünden bekennen, ist er treu und gerecht, daß er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von jeder Ungerechtigkeit.”

Vielleicht ist es deswegen so, daß Jesus in Lukas 17,3-4 die Vergebung von der Reue der Betreffenden abhängig zu machen scheint:
"
Habt acht auf euch selbst: Wenn dein Bruder sündigt, so weise ihn zurecht, und wenn er es bereut, so vergib ihm ! Und wenn er siebenmal am Tag an dir sündigt und siebenmal zu dir umkehrt und spricht: Ich bereue es, so sollst du ihm vergeben."

Jesus sagt hier ausdrücklich:
“...und wenn er es bereut, so vergib ihm !” Sollen wir also immer erst dann vergeben, wenn der andere seine Tat ausdrücklich bereut ? Das kann eigentlich nicht gemeint sein. Denn wenn wir unsere Feinde lieben sollen und die segnen sollen, die uns verfluchen (Lukas 6,27-28), so heißt dies eigentlich automatisch, daß unsere innere Vergebung nicht von dem Verhalten des anderen abhängen kann - denn Feindesliebe ohne Vergebung ist meines Erachtens undenkbar.

Und wie ist es mit Gott?

Liebt Gott nicht auch die Sünder, noch bevor sie ihre Sünde bereut haben? Richtig ist, daß die Sünder erst mit Buße und Bekehrung die Vergebung Gottes erlangen. Aber die Liebe Gottes ist von der Reue nicht abhängig:
Römer 5,8: “Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, daß Christus, als wir noch Sünder waren, für uns gestorben ist.”
In der Liebe Gottes liegt also bereits die Bereitschaft, zu vergeben. Denn Jesus ging ans Kreuz zur Vergebung unserer Sünden, als wir noch Sünder waren. Gott liebt jeden, auch den schlimmsten Sünder, sogar Adolf Hitler (unvorstellbar, nicht wahr?). Aber dennoch wird die Vergebung für uns erst mit unserer Reue und Bekehrung wirksam....und für viele nie.

Ich verstehe
Lukas 17,3 daher so, daß wir in gleicher Weise dem anderen in unserem Herzen bereits sofort vergeben sollen, ihm die Vergebung aber erst offen zusprechen sollen, wenn er bereut. Demjenigen, der nicht bereut, Vergebung zuzusprechen, wäre möglicherweise ein Vorgreifen gegenüber Gott. Denn letztlich kann nur Gott Sünde vergeben. Wer jedoch die Sünde nicht bereut, dem wird sie auch von Gott nicht vergeben - vielleicht sollen wir deshalb vorsichtig damit sein, Vergebung auszusprechen, wo keine Reue ist.

Machen wir mit der Vergebung einfach weniger Worte und bemühen uns stattdessen mehr um die richtige Herzenseinstellung. Denn darin liegt die wirkliche Herausforderung.


Oh Herr, ich liebe Dich !
Jesus, ich liebe Dich !
Meine Sonne bist Du, Du allein.
Ich liebe Dich !

Du mein Stern in der Nacht,
in dunkelster Nacht.
Du hast alles für mich
wieder gut gemacht
.

Ingmar


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