Was ist das Besondere an Jesus Christus?
 

Vor zweitausend Jahren tauchte unter den Juden plötzlich ein Mensch auf, der so spricht, als wäre er Gott: Er behauptet, Sünden vergeben zu können. Er sagt, er sei von Ewigkeit an gewesen. Er sagt, er werde am Ende der Zeiten kommen, um die Welt zu richten. Überlegen wir uns, was das heißt!

Unter Pantheisten, etwa bei den Hindus, könnte jeder sagen, er sei ein Teil Gottes oder eins mit Gott; dabei wäre gar nichts Besonderes. Dieser Mann aber konnte nicht einen solchen Gott meinen, denn er war ein Jude. In seiner Sprache bedeutete Gott jenes Wesen außerhalb der Welt, das die Welt erschaffen hatte und von allem anderen unendlich verschieden war. Wenn man das bedacht hat, wird klar: Das, was dieser Mann gesagt hatte, war schlechthin das Unerhörteste, was je über mensch- liche Lippen gekommen war.
Uns entgeht leicht der Anspruch, der in der Behauptung liegt, Sünden vergeben zu können. Wir haben es so oft gehört, daß uns gar nicht mehr bewußt wird, was damit eigentlich gesagt wird. Diese Behauptung ist so ungeheuerlich, daß sie komisch wirken müßte, käme sie nicht von Gott selbst. Wir alle würden verstehen, daß ein Mensch ein ihm angetanes Unrecht vergibt. Jemand tritt mir auf den Fuß, und ich verzeihe ihm; jemand stiehlt mir mein Geld, und ich vergebe ihm. Was aber sollen wir mit einem Menschen anfangen, der - selber unberaubt und unbehelligt - verkündet, er vergebe allen, die anderen Leuten auf  die Füße treten und anderer Leute Geld stehlen? Eselsdumme Albernheit wäre noch die zarteste Umschreibung für ein derartiges Verhalten.

Und doch hat Jesus eben dies getan. Er sagte zu den Menschen, ihre Sünden seien ihnen vergeben, ohne erst alle die anderen zu fragen, denen sie mit ihren  Sünden Unrecht getan hatten. Ohne zu zögern verhielt er sich, als sei er der am meisten Betroffene, derjenige, demgegenüber man sich am meisten vergangen hat. Das ist nur dann verständlich, wenn er wirklich Gott ist, dessen Gesetze gebrochen werden und dessen Liebe durch jede Sünde verletzt wird. Im Mund jedes anderen, der nicht Gott ist, würden diese Worte doch wohl ein Maß an  Einfältigkeit und Einbildung zum Ausdruck bringen, das in der Geschichte seinesgleichen sucht.

Dennoch haben nicht einmal seine Feinde den Eindruck von Einfältigkeit und Einbildung bei ihm, wenn sie die Evangelien lesen, geschweige denn vorurteilslose Leser. Das ist sehr bezeichnend und beachtenswert. Christus sagt von sich, er sei 'demütig und sanftmütig', und wir glauben ihm, ohne zu merken, daß wir - wäre er ein Mensch - nur die wenigsten seiner Aussagen als 'demütig und sanftmütig' bezeichnen würden.

Damit versuche ich, jedermann vor dem wirklich läppischen Einwand zu bewahren, er sei zwar bereit, Jesus als großen Morallehrer anzuerkennen, aber  nicht seinen Anspruch, Gott zu sein. Gerade das können wir nicht sagen. Ein Mensch, der solche Dinge wie Jesus sagt, wäre kein großer Morallehrer. Er wäre entweder ein Irrer - oder der Satan in Person. Wir müssen uns deshalb entscheiden:

Entweder war dieser Mensch Gottes Sohn, oder er war ein Narr oder Schlimmeres.

Man kann ihn als Geisteskranken einsperren, man kann ihn verachten oder als Dämon töten. Oder man kann ihm zu Füßen fallen und ihn Herr und Gott nennen. Aber man kann ihn nicht mit gönnerhafter Herablassung als einen großen Lehrer der Menschheit bezeichnen. Das war nie seine Absicht; diese Möglichkeit hat er uns nicht offengelassen."

Auszug aus C. S. Lewis: “Pardon, ich bin Christ”


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