Evangelikale weltweit: Statistik & Zahlen
aktualisierte Zahlen 2003


Wenn es an dieser Stelle um Zahlen geht, bedeutet dies für mich auch, Fakten über das Wachstum der Evangelikalen zu nennen. Dieses Wachstum ist derart, daß es im 20. Jahrhundert die religiöse Zusammensetzung ganzer Erdteile verändert hat: So war Lateinamerika um 1900 fast vollständig katholisch, in China gab es um diese Zeit nur einige tausend Christen. Im Jahr 2000 waren nach Schätzungen bereits bis zu 20 % der Bevölkerung Lateinamerikas evangelikale Protestanten. Die Zahl der Evangelikalen in China hat in den 90’er Jahren die Marke von 100 Millionen überschritten.

Derartige Entwicklungen sind ein Grund zur Freude. Aber sie sind kein Grund, um stolz und selbstzufrieden zu sein. Nicht wir sind so großartig - beileibe nicht -, sondern allein Gott ist es. Zahlen sind auch nie ein Maßstab für Wahrheit - der christliche Glaube ist nicht wegen der Zahl seiner Anhänger wahr. Denn wenn Jesus heute ebenso wie damals nur zwölf Jünger hätte - würde es etwas daran ändern, was die Wahrheit ist? Würde es die Macht Gottes schmälern? Andererseits wäre alles äußere Wachstum wertlos, wenn wir uns darüber von Gottes Wort entfernen würden. Kompromisse mit der Welt dürfen daher nie Mittel zum Wachstum sein.

Lukas 12,32: “Fürchte dich nicht, du kleine Herde! Denn es hat eurem Vater wohlgefallen, euch das Reich zu geben.”


INHALT:
     1) Allgemeines zu Religionsstatistiken
     2) Die Situation der Evangelikalen: Trends & Fakten
     3) Übersicht nach einzelnen Ländern



1) Allgemeines zu Religionsstatistiken

Vorab sei festgestellt, daß jede Art von Zahlenangaben und Statistiken zur Religionszugehörigkeit mit erheblichen Unsicherheitsfaktoren behaftet sind:

a) In den meisten Staaten werden keine offiziellen Statistiken geführt. In islamischen Ländern gilt grundsätzlich die gesamte einheimische Bevölkerung als moslemisch. Es gibt auch gar keine Möglichkeit, sich offiziell vom Islam loszusagen oder aus dem Islam auszutreten. Daher werden beispielsweise für die Türkei in allen Statistiken 99 % sunnitische Moslems angegeben, obwohl etwa ein Drittel der Türken in Wahrheit Atheisten oder Agnostiker sind. Die offiziellen Statistiken aus Staaten des ehemaligen Ostblocks datieren aus den 30’er Jahren und haben den Kommunismus unverändert überdauert. In den meisten Staaten Afrikas wurden noch nie offizielle Statistiken erstellt.

b) Dort, wo Statistiken geführt werden (z.B. in Deutschland), geben diese das wirkliche Bild häufig nicht wieder. So sind in Deutschland immer noch mehr als 65 % der Bevölkerung Mitglied einer der beiden Großkirchen und werden daher offiziell in Statistiken als “Christen” geführt. Doch jeder weiß, daß die wirklichen Christen in Deutschland längst eine Minderheit sind. Andererseits tauchen die etwa 800.000 Zugehörigen von evangelischen Freikirchen - beispielsweise ich - in den Statistiken nicht auf und fallen offiziell unter die “Sonstigen”.

c) In vielen gemischtreligiösen Staaten Asiens sind die Religionsstatistiken ein empfindliches Politikum und werden zugunsten der Mehrheitsreligion geschönt. Beispielsweise wird in Indien die Zahl der Christen seit Jahrzehnten offiziell mit 2,4 % angegeben, obwohl die Kirchen im Süden und Osten Indiens in dieser Zeit stark gewachsen sind. Schätzungen über die wirkliche Zahl der Christen in Indien liegen bei 4 bis 5 %. Dasselbe gilt für Indonesien: Seit Mitte der 80’er Jahre liegt die offizielle Zahl der Christen bei 9,6 % und die der Muslime bei 87 %, obwohl die Kirchen stark wachsen und etwa die Hälfte der “Muslime” bestenfalls nominell islamisch sind. Die inoffiziellen Schätzungen gehen für Indonesien inzwischen von ca. 20 % Christen aus. Ein anderes Beispiel ist China: Die atheistische Ideologie der kommunistischen Partei ist der Grund, warum die Zahl der Christen offiziell mit weniger als 1 % angegeben wird, während intern selbst die Kommunistische Partei von bis zu 10 % Christen im Land ausgeht.

d) In säkularen Statistiken wie z.B. dem
Spiegel Almanach oder dem als Buch erhältlichen Fischer Weltalmanach geben die Religionsstatistiken in der Regel falsche Zahlen an. Zum einen orientiert man sich hier allein an den offiziellen Statistiken (also Deutschland über 60 % Christen, VR China weniger als 1%). Zum anderen liegt das Interesse derartiger Länderübersichten auf ganz anderen Gebieten: Bevölkerung, Wirtschaft, Geographie, Politik. Die Religionsstatistik wird bei Neuauflagen nicht gepflegt und eher als folkloristisches Attribut des jeweiligen Landes wahrgenommen. Man rechnet hier auch gar nicht mit dynamischen Entwicklungen, sondern geht von einem statischen Zustand aus. In derartigen Statistiken werden zudem vor allem die Großkirchen wahrgenommen. Die evangelikalen und unabhängigen Gruppen fließen daher häufig nicht in die Zahl der Christen ein, weil deren Zahl durch simple Addition der Großkirchen gewonnen wird.

e) Weitere Unsicherheit ergibt sich aus der Zuordnung der christlichen Denominationen. So gibt es viele Statistiken, die zwar (zutreffend) von etwa 2 Milliarden Christen weltweit ausgehen, aber die Zahl der Katholiken bei etwa 1 Milliarde ansetzen und die der Protestanten bei ca. 350 Millionen. Selbst wenn man an die etwa 200 Millionen Orthodoxen denkt, bleibt hier die Frage: Was ist mit dem Rest, immerhin einer halben Milliarde Menschen? Ursache derartiger Angaben ist, daß als “Protestanten” häufig nur die aus der Reformation hervorgegangenen Großkirchen wie z.B. Lutheraner und Reformierte gezählt werden. Die fehlende halbe Milliarde in derartigen Statistiken sind die vielen pfingstlichen und evangelikalen Gruppen, die weltweit längst die Mehrheit der Protestanten ausmachen. Bezieht man diese Gruppen (oft auch als “Unabhängige” bezeichnet) ein, liegt die Zahl der Protestanten bei etwa 800 Millionen. In wenigen Jahrzehnten wird es mehr Protestanten als Katholiken geben, da das Wachstum der evangelikalen Gruppen das der Katholischen Kirche um ein Mehrfaches übertrifft.

f) Zuletzt sei noch darauf hingewiesen, daß es auch auf evangelikal-charismatischer Seite euphorische Übertreibungen gibt. Ich habe im Internet schon Zahlenangaben gelesen, daß heute angeblich 14 % der Weltbevölkerung Evangelikale wären - das wären fast 900 Millionen Menschen, was sicher zu hoch gegriffen ist. Kürzlich mußten die Assemblies of God (eine Pfingstkirche) die Zahl ihrer Mitglieder in Brasilien von 16 auf 8 Millionen korrigieren, was natürlich schon dem Ausmaß nach zeigt, wie manche Meldungen einzuschätzen sind. Also ganz klar - manche Zahlenangaben gerade von charismatischer Seite beruhen eher auf Wunschdenken, denn auf Fakten.

Wer Interesse an sehr detaillierten, aber vorsichtigen und realistischen Angaben hat, dem empfehle ich folgendes Buch:

          
Gebet für die Welt, Ausgabe 2003
           Patrick Johnstone
           Hänssler Verlag,
           ISBN 3-7751-3722-X

“Gebet für die Welt” stellt auf mehr als 1000 Seiten eine ungeheure Menge an Zahlen und Übersichten zur Verfügung. Diese Informationen dienen als Grundlage für persönliches Gebet und Fürbitte, denn es muß uns ein zentrales Gebetsanliegen sein, daß Gott Erweckung schenkt und die Welt mit dem Evangelium erreicht wird.



2) Die Situation der Evangelikalen: Trends & Fakten

Die absolute Zahl der Evangelikalen hängt natürlich davon ab, ob man der hier vertretenen Definition folgt, nach der die meisten Pfingstler/Charismatiker zu den Evangelikalen gezählt werden.

Patrick Johnstone geht für das Jahr 2000 von 420 Millionen Evangelikalen weltweit aus, zählt dabei allerdings nur die klassische Pfingstbewegung mit, nicht die unabhängigen Charismatiker. Ein anderer Statistiker, David Barrett, nennt die Zahl von 700 Millionen Evangelikalen, wobei diese Abweichung möglicherweise nur darauf beruht, daß eine größere Schnittmenge zwischen Evangelikalen und Pfingstlern/Charismatikern angenommen wird. Ferner trifft man im Internet häufig auf die Angabe von 650 Millionen Evangelikalen für das Jahr 2000. Irgendwo dazwischen wird die Wahrheit wohl liegen - ich orientiere mich in etwa am Mittelwert von 600 Millionen für das Jahr 2000. Übereinstimmung besteht jedenfalls in allen Quellen darin, daß das Wachstum der Evangelikalen sehr hoch ist und den Hauptanteil am zahlenmäßigen Wachstum des Christentums ausmacht.

Folgende Trends der Entwicklung sind festzuhalten:

  • Während in Nordamerika immerhin 30 % der Bevölkerung evangelikal sind, sind evangelikale Christen in Europa eine kleine Minderheit. Allgemein ist die Zahl der Evangelikalen im Westen seit 1960 langsam aber beständig gewachsen, während der Rest des Christentums im Westen einen bedeutenden Schrumpfungsprozeß erlebt. Das Wachstum der Evangelikalen findet aber vor allem in Lateinamerika, Afrika und Asien statt, wodurch sich der geographische Schwerpunkt deutlich verschoben hat: Im Jahre 1960 haben nichtwestliche Evangelikale nur etwa 50 % der Evangelikalen im Westen ausgemacht. Im Jahr 2000 sind sie bereits viermal so zahlreich wie die Evangelikalen im Westen und im Jahr 2010 werden es siebenmal soviele sein.
     
  • Insgesamt ist der Islam mit 2,1 % jährlich die prozentual am schnellsten wachsende der großen Weltreligionen. Seine Wachstumsrate überschreitet die der Weltbevölkerung, so daß sein Anteil an der Weltbevölkerung von 12,5 % im Jahr 1900 auf 21,5 % der Weltbevölkerung im Jahr 2000 gewachsen ist. Allerdings ist dieses Wachstum größtenteils auf das (noch) sehr hohe Bevölkerungswachstum in islamischen Ländern zurückzuführen und beruht nur zu einem geringen Teil auf Konversionen. Substantielle Hinwendungen von Bevölkeruingsteilen zum Islam finden an sich nur in Afrika statt. Außerhalb Afrikas verliert der Islam in der Summe eher durch Säkularisierung als daß er Konvertiten gewinnen würde. Eine Rolle spielt dabei gerade die politische Radikalisierung des sog. Islamismus, von der sich viele gemäßigte Moslems abgestoßen fühlen. In den letzten Jahrzehnten sind u.a. deshalb mehr Moslems zum christlichen Glauben gekommen als je zuvor.
     
  • Obwohl das Gesamtchristentum langsamer wächst als der Islam (etwa 1,4 % jährlich), wächst der evangelikale Teil des Christentums mit 4,7% jährlicher Zuwachsrate mehr als doppelt so schnell. Mit anderen Worten: Der Anteil der Evangelikalen erhöht sich innerhalb des Christentums ebenso deutlich wie an der Weltbevölkerung insgesamt. Heute sind weltweit etwa ein Drittel der Christen und 10 % der Weltbevölkerung Evangelikale. Dieser Anteil wird in den kommenden Jahrzehnten voraussichtlich weiter steigen.
     
  • Das Wachstum des Gesamtchristentums geht fast allein auf das Konto der Evangelikalen, die für sich genommen eine der am schnellsten wachsenden größeren Glaubensgruppen sind. Das Wachstum der Evangelikalen beruht im Gegensatz zum Wachstum des Islam überwiegend auf Konversionen von Andersgläubigen, weniger auf Bevölkerungswachstum. Dies ergibt sich bereits aus der prozentualen Wachstumsrate von 4,7 %, die weit höher als die der umgebenden Bevölkerung (Weltbevölkerung: 1,39 %) liegt.
     
  • Die Römisch-Katholische Kirche wächst weltweit nur noch mit 0,5 % jährlich. Dieses Wachstum ist deutlich geringer als das der Weltbevölkerung (1,39 %). Daher nimmt der Prozentsatz der Katholiken an der Weltbevölkerung ab. Dies ist hauptsächlich auf Verluste durch Säkularisierung in Europa und auf die Abwanderung zu evangelikalen Gemeinden in Lateinamerika und Afrika zurückzuführen.
     
  • Noch deutlicher im Niedergang befinden sich die liberalen protestantischen Kirchen, da deren Glaubensgrundlage und missionarisches Bewußtsein durch die bibelkritische Theologie zersetzt wurde. Diese Kirchen - z.B. die evangelischen Landeskirchen in Deutschland - haben in der Regel überhaupt kein Wachstum mehr, sondern schrumpfen weltweit selbst in absoluten Zahlen, während die Weltbevölkerung mit 1,4 % jährlich steigt. Mittelfristig wird dies zu einem erheblichen Bedeutungsrückgang führen. Typisch: "Liberale Theologie wird in immer kleiner werdenden Gemeinden in immer leereren Kirchengebäuden gepredigt."
     
  • Klassische Weltreligionen wie Buddhismus und Hinduismus befinden sich in einem Prozeß des langsamen Niedergangs. Zahlenmäßige Gewinne im Westen gleichen die Verluste in den asiatischen Herkunftsländern dieser Religionen bei weitem nicht aus. Die missionarischen Herausforderungen der Zukunft liegen daher in erster Linie in der Auseinandersetzung mit dem Islam, mit der agnostischen Säkularisierung breiter Bevölkerungsschichten - u.a. auch vieler Namenschristen - und mit dem Wachstum der sog. “neuen Religionen” und esoterischen Sondergruppen.

     


3) Übersicht nach einzelnen Ländern

Zahl und Wachstum der Evangelikalen ist in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich. Für diejenigen, die genaue Zahlen wissen möchten, gilt folgender Link: Zahlen für einzelne Länder
Die Angaben beruhen auf der aktuellen Ausgabe 2003 von Patrick Johnstone.

Daneben möchte ich nachstehend einige geographische Übersichten geben, wobei sich die Karten jeweils durch Draufklicken vergrößern lassen:


Absolute Bevölkerungsanteile der Evangelikalen              

In der nebenstehenden Karte ist der absolute Bevölkerungsanteil der evangelikalen Christen bezogen auf die Gesamtbevölkerung des jeweiligen Staates zu sehen. Auffällig ist der niedrige Anteil in einigen vermeintlich “christlichen” Ländern Europas. So sind in Belgien, Polen und mehreren Ländern Südosteuropas weniger als 0,5 % der Gesamt- bevölkerung Evangelikale. Selbst in Thailand, Kasachstan und der Mongolei liegt der Anteil der Evangelikalen an der Gesamtbevölkerung höher. Oder wer hätte angenommen, daß es in Ländern wie Ägypten oder Indien prozentual mehr Evangelikale als in Österreich oder Frankreich gibt?

Viele Länder Asiens haben eine sehr hohe Bevölkerungszahl. Auch wenn hier der prozentuale Anteil der Evangelikalen häufig niedriger liegt als in Lateinamerika oder Afrika, sind die absoluten Zahlen hoch. So hat die VR China mit etwa 100 Mio. Evangelikalen neben den USA die größte evangelikale Bevölkerung. Auch in Indien und Indonesien leben jeweils mehr als 20 Millionen evangelikale Christen. Beeindruckend ist vor allem Südkorea. Dieses ehemals buddhistische Land, in dem 1880 die erste christliche Gemeinde gegründet wurde, hat heute fast 20 % Evangelikale und sendet nach den USA am meisten christliche Missionare aus. Ebenso bemerkenswert: Allein in Brasilien leben mehr Evangelikale als in ganz Europa zusammen.


Wachstum der Evangelikalen

Wenn auch das Wachstum der Evangelikalen weltweit hoch ist, gibt es deutliche regionale Unterschiede. So wächst die Zahl der Evangelikalen in den meisten westlichen Ländern nur langsam. Eine Ausnahme sind die katholisch geprägten Länder Südeuropas, deren Entwicklung  - wenn auch ausgehend von einem viel niedrigeren Niveau - der in Lateinamerika ähnelt (Spanien, Portugal, Italien). In den USA findet die Stagnation des evangelikalen Bevölkerungsanteils immerhin auf sehr hohem Niveau statt, doch Nordwesteuropa bleibt eine Herausforderung. In einigen westlichen Ländern, die von früher her einen  hohen Anteil an wiedergeborenen Christen haben, schrumpft der Anteil der Evangelikalen sogar seit Jahrzehnten (Kanada, Australien, Neuseeland).

In einigen islamischen Ländern findet auf sehr niedrigem Niveau ein prozentual großes Wachstum der Evangelikalen statt - Albanien hat z.B. eine der höchsten Wachstumsraten der Erde. Insgesamt bleibt aber die islamische Welt aufgrund des dort fast überall herrschenden Verfolgungsdrucks neben Westeuropa die größte Herausforderung. Erfreulich ist das enorme prozentuale Wachstum in vielen Ländern Asiens - häufig gerade in Ländern, die lange verschlossen waren und keine christliche Tradition haben (Nepal, Kambodscha, Mongolei). Die größte Hoffnung für die Zukunft ruht auf dem enormen Wachstum der Evangelikalen in China, das auf ganz Asien ausstrahlt und tatsächlich die Welt verändern könnte.

Wir wissen nicht, wieviel Zeit noch bleibt, um die Welt mit dem Evangelium zu erreichen. Aber was wir wissen dürfen, ist eines:

Morgen wird das geschehen, wofür wir heute beten.

Alle Ehre sei Gott allein,
Ingmar



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