Offenbarung 2,1 ff. - Die sieben Sendschreiben


Die sieben Sendschreiben stehen im zweiten und dritten Kapitel der Offenbarung. Nach der Einleitung des 1. Kapitels sind die Sendschreiben der erste Teil der Prophetie des Johannes.

Mich faszinieren die Sendschreiben aufgrund ihrer Vielschichtigkeit und klaren Prophetie, von der ich hoffe, in diesem Artikel ein wenig vermitteln zu können.


INHALT:
     1) Allgemein zur Offenbarung
    
2) Die vierfache Bedeutung der Sendschreiben
    
3) Ephesus: 30 - 150 n.Chr.
    
4) Smyrna: 150 - 313 n.Chr.
    
5) Pergamon: 313 - 600 n.Chr.
    
6) Thyatira: 600 - 1500 n.Chr.
    
7) Sardes: 1500 - 1750 n.Chr.
    
8) Philadelphia: 1750 - 1900 n.Chr.
    
9) Laodizäa: 1900 - .......



1) Allgemein zur Offenbarung

Die Offenbarung ist das einzige prophetische Buch des Neuen Testaments und am ehesten mit den Propheten des Alten Testaments zu vergleichen. Verfaßt wurde es von Johannes, dem Jünger Jesu und Verfasser des Johannes-Evangeliums, in den 90er Jahren des 1. Jahrhunderts.

In erster Linie ist die Offenbarung ein Ausblick auf die Zukunft der Gemeinde Jesu bis zu Seiner Wiederkunft. Andererseits verbindet die Offenbarung aber auch die Leitmotive der übrigen biblischen Bücher und führt die Fäden der Heilsgeschichte in einem Schlußakkord in ihrem Zielpunkt zusammen.
Viele Menschen stehen der Offenbarung weitgehend ratlos gegenüber und wissen nicht viel mit ihr anzufangen. Aber eigentlich werden die meisten in der Offenbarung gebrauchten Bilder von der Bibel selbst erklärt. So gebraucht die Offenbarung einfach dieselben Bilder und Symbole, die auch in den übrigen Büchern der Bibel - insbesondere von den Propheten des Alten Testaments - verwandt werden. Deshalb kann die Offenbarung umso besser verstanden werden, je besser man die übrige Bibel kennt und versteht.

Herausgreifen möchte ich zum Beispiel das in der Offenbarung gebrauchte und recht bekannte Bild der “Hure Babylon”, die mit der Welt Unzucht und Ehebruch treibt, vgl.
Offb. 17-18. Hört sich seltsam an, nicht wahr?

Wenn man die Bibel kennt, ist aber völlig klar, was mit dieser “Hure” gemeint ist: Dieses Bild wird nämlich schon von den Propheten des Alten Testaments verwandt und ist ein Bild für das ungetreue Volk Gottes, das den Bund mit seinem Gott bricht und mit den Götzen im geistlichen Sinne Ehebruch/Unzucht treibt, vgl. dazu beispielsweise Hesekiel 16,15-40; Hesekiel 23,27-37; Jeremia 3,6-9; Hosea 4,12

Israel im AT und die Gemeinde Jesu im NT werden in der Bibel häufig als die Braut Gottes bzw. Jesu bezeichnet - vgl. auch das Gleichnis vom Hochzeitsmahl. Hintergrund dieses Vergleichs ist die Liebe, die Gott für Sein Volk empfindet und von der Gott möchte, daß wir sie erwidern. Das Gegenbild zu dem Bild der Braut ist das der Hure, wenn die Treue des Bundes, die durch Hinwendung zu anderen Dingen gebrochen wird. Als Gegenbild zur Gemeinde Jesu als Braut bezeichnet die Hure Babylon die christliche Kirche, die sich mit der Welt einläßt, Kompromisse schließt, herrschen will und die wahren Nachfolger Jesu verfolgt und bekämpft.

Manches in der Offenbarung wird man nicht sofort verstehen können. Aber dort, wo eine Passage für uns trotz allem unverständlich bleibt, können wir getrost sein, daß Gott sie denen erklären wird, für die sie bestimmt ist.



2) Die vierfache Bedeutung der Sendschreiben

Die Offenbarung beginnt mit der Vision, in der Johannes den auferstandenen Christus als Richter sieht, vgl. Offb. 1,9-20:

9 Ich, Johannes, euer Bruder und Mitgenosse in der Bedrängnis und dem Königtum und dem Ausharren in Jesus, war auf der Insel, die Patmos genannt wird, um des Wortes Gottes und des Zeugnisses Jesu willen. 
10 Ich war an des Herrn Tag im Geist, und ich hörte hinter mir eine laute Stimme wie von einer Posaune, 
11 die sprach: Was du siehst, schreibe in ein Buch und sende es den sieben Gemeinden: nach Ephesus und nach Smyrna und nach Pergamon und nach Thyatira und nach Sardes und nach Philadelphia und nach Laodizea! 
12 Und ich wandte mich um, die Stimme zu sehen, die mit mir redete, und als ich mich umwandte, sah ich sieben goldene Leuchter,
13 und inmitten der Leuchter einen gleich einem Menschensohn, bekleidet mit einem bis zu den Füßen reichenden Gewand und an der Brust umgürtet mit einem goldenen Gürtel; 
14 sein Haupt aber und die Haare waren weiß wie weiße Wolle, wie Schnee, und seine Augen wie eine Feuerflamme.
15 und seine Füße gleich glänzendem Erz, als glühten sie im Ofen, und seine Stimme wie das Rauschen vieler Wasser; 
16 und er hatte in seiner rechten Hand sieben Sterne, und aus seinem Mund ging ein zweischneidiges, scharfes Schwert hervor, und sein Angesicht war, wie die Sonne leuchtet in ihrer Kraft. 
17 Und als ich ihn sah, fiel ich zu seinen Füßen wie tot. Und er legte seine Rechte auf mich und sprach: Fürchte dich nicht! Ich bin der Erste und der Letzte 
18 und der Lebendige, und ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und des Hades. 
19 Schreibe nun, was du gesehen hast und was ist und was nach diesem geschehen wird ! 
20 Was das Geheimnis der sieben Sterne, die du auf meiner Rechten gesehen hast, und die sieben goldenen Leuchter betrifft: Die sieben Sterne sind Engel der sieben Gemeinden, und die sieben Leuchter sind sieben Gemeinden.

Johannes erhielt die Offenbarung gegen Ende seines Lebens auf der Ägäis-Insel Patmos, wohin er wegen seines evangelistischen Dienstes verbannt worden war.

In den vorstehend zitierten Versen 9 ff. beschreibt Johannes, wie es zu der Vision der sieben Sendschreiben gekommen ist. Die Person, die Johannes hier sieht, ist der auferstandene Christus; unverhüllt in Seiner Macht:
”Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige, und ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und des Hades.”

Die Worte, mit denen Jesus beschrieben wird, plündern geradezu den Bereich der Natur, um Symbole zu erhalten, die unserem begrenzten Verstand eine schwache Vorstellung der Herrlichkeit, des Glanzes und der Majestät dieses Kommenden geben, der der Christus der Offenbarung ist: “...sein Haupt aber und die Haare waren weiß wie weiße Wolle, wie Schnee, und seine Augen wie eine Feuerflamme und seine Füße gleich glänzendem Erz, als glühten sie im Ofen, und seine Stimme wie das Rauschen vieler Wasser.” Als sich Johannes auf die Stimme hin umwandte, sieht er Christus umgeben von sieben goldenen Leuchtern. In Vers 20 wird erklärt, daß es sich bei diesen sieben Leuchtern um die sieben Gemeinden handelt, an die im Anschluß daran die Sendschreiben gerichtet werden. Das Bild des Leuchters für die Gemeinden steht im Zusammenhang damit, daß die Gemeinde Jesu zum Licht für die Welt gesetzt ist (Matthäus 5,14-16; Apg 13,46-47; Epheser 5,8). Bis zur Wiederkehr Jesu ist die sichtbare Gemeinde das einzige Licht, das die Welt sehen kann - hoffentlich ein helles und klares....

Christus steht
“inmitten” dieser sieben Leuchter. Er allein ist der Mittelpunkt der Gemeinden. Die sieben Gemeinden sind unabhängig und zwischen ihnen und Christus steht nichts - keine Organisation, keine Bischöfe, keine Kirche und schon gar keine anderen Mittler und Fürbitter.

Der goldene Gürtel um seine Brust in Vers 13 ist ein Symbol für Seine Gerechtigkeit und Wahrhaftigkeit (vgl.
Jesaja 11,5; Epheser 6,14). Seine Augen sind durchdringend wie eine Feuerflamme, seine Füße wie feuriges Erz - dies sind biblische Bilder des Gerichts (vgl. zum Beispiel Jesaja 30,27; Jesaja 66,15; Hesekiel 22,20-22) . “Aus seinem Mund ging ein zweischneidiges, scharfes Schwert hervor”, das ist das Wort Gottes (Hebräer 4,12-13). Hier bezieht sich das Bild des Schwertes auf die Trennschärfe der Bibel, mit der die Sünde offenbart wird. Wenn man all diese Gedanken zusammenfügt, dann sieht man Christus als Richter über die sieben Gemeinden - Sein Urteil sind die Sendschreiben.

Später in der Offenbarung wird Christus die Gottlosen richten, doch
“das Gericht muß beim Hause Gottes anfangen” (1.Petrus 4,17). Man beachte aber, daß es sich dabei um verschiedene Gerichte handelt. Die Gemeinden werden mit dem Ziel der Reinigung und Belohnung gerichtet, die Welt dagegen zur Verdammnis.

Allein diese “Vorrede” zeigt, daß die Bedeutung der Sendschreiben über eine Ansprache an konkrete Einzelgemeinden weit hinausgeht. Insgesamt sind zumindest vier Bedeutungen der Sendschreiben zu unterscheiden, die nebeneinander stehen:

    a) Zunächst einmal beschreiben die Sendschreiben - vermutlich - den Zustand, der wirklich zur Zeit des Johannes in den genannten Ortsgemeinden bestand. Dies ist aber nur der Vordergrund.

    b) Ferner geben die Sendschreiben ein Bild des Zustands der Christenheit zu jeder Zeit an jedem Ort der Erde: Zu allen Zeiten hat es Einzelgemeinden gegeben und gibt es, auf die eines der sieben Gemeindebilder paßt. Die Sendschreiben sind in dieser Funktion für jede Gemeinde ein Prüfstein, um den eigenen Stand vor Gott zu erkennen.

    c) Drittens richten sich die Sendschreiben auch an den geistlichen Zustand des Einzelnen. Ich denke, daß jeder einzelne Christ zu einer dieser Gemeinden gehört. Hier gilt es, zu prüfen, wo wir als Einzelne stehen und was die Worte Jesu an uns sind.

    d) Die vierte Bedeutung ist prophetisch: Die Prophetie der Offenbarung beginnt nicht erst mit der Wiederkunft Christi; sie zeigt in den ersten Kapiteln konsequenterweise auch den Weg dorthin: Insoweit stehen die sieben Gemeinden für Zeitabschnitte der Kirchengeschichte. Es wird in Gemeindebildern die Entwicklung gezeigt, die die Gemeinde Jesu bis zu Seiner Rückkehr durchmachen wird.

Ich werde nachstehend vor allem auf die prophetische Bedeutung zu sprechen kommen, die bereits in den Namen der Gemeinden zum Ausdruck kommt. Die Beschäftigung mit den Sendschreiben wird so gleichsam auch zu einem kurzen Abriß der Kirchengeschichte.

Alle Sendschreiben haben einen ähnlichen Aufbau. Jedes beginnt mit einem Gruß an die jeweilige Gemeinde und benennt Christus in einer Rolle, die besonders zu dieser Gemeinde paßt. Jedes beschreibt Sein Wissen über die Werke der jeweiligen Gemeinde. Von allen Gemeinden außer Laodicäa gibt es auch etwas Gutes zu sagen, alle außer Smyrna und Philadelphia werden ermahnt. Jede Gemeinde wird in besonderer Weise angesprochen, jede erhält am Schluß eine Verheißung für die Überwinder.
Es gibt verschiedene Auslegungen dazu, wer oder was mit den “Engeln der Gemeinde” gemeint ist, an die sich jeweils die Sendschreiben richten. Vermutlich handelt es sich bei diesen “Engeln” um eine Personifizierung der jeweiligen Gemeinde.

Zu den einzelnen Sendschreiben:



3) Ephesus: 30 - 150 n.Chr.

Das Sendschreiben an die Gemeinde in Ephesus steht in Offb 2,1-7:

1 Dem Engel der Gemeinde in Ephesus schreibe: Dies sagt der, der die sieben Sterne in seiner Rechten hält, der inmitten der sieben goldenen Leuchter wandelt: 
2 Ich kenne deine Werke und deine Mühe und dein Ausharren, und daß du Böse nicht ertragen kannst; und du hast die geprüft, die sich Apostel nennen und es nicht sind, und hast sie als Lügner befunden; 
3 und du hast Ausharren und hast vieles getragen um meines Namens willen und bist nicht müde geworden.
4 Aber ich habe gegen dich, daß du deine erste Liebe verlassen hast. 
5 Denke nun daran, wovon du gefallen bist, und tue Buße und tue die ersten Werke! Wenn aber nicht, so komme ich dir und werde deinen Leuchter von seiner Stelle wegrücken, wenn du nicht Buße tust. 
6 Aber dies hast du, daß du die Werke der Nikolaiten haßt, die auch ich hasse. 
7 Wer ein Ohr hat, höre, was der Geist den Gemeinden sagt! Wer überwindet, dem werde ich zu essen geben von dem Baum des Lebens, welcher in dem Paradies Gottes ist. 

Ephesus steht für die Gemeinde der apostolischen Zeit und der frühen Kirchenväter - also für die Zeit von der Kreuzigung Jesu (etwa 30 n.Chr.) bis in die Mitte des zweiten Jahrhunderts. Der Name “Ephesus” bedeutet so viel wie Liebe, Begehren, Verlangen.

Ephesus war übrigens auch die reale Ortsgemeinde, in der Johannes vor seiner Verbannung zuletzt wirkte. Johannes war zu dieser Zeit der letzte lebende der zwölf Apostel Jesu.

Die Gemeinde des ersten Jahrhunderts war allgemein zu loben für ihre Mühe und ihr Ausharren und dafür, daß sie nicht müde geworden ist. Diejenigen, die sich zu Unrecht als Apostel Christi ausgaben (auch dies ist ein Hinweis auf die zeitliche Einordnung, da die Zeit der Apostel das 1. Jahrhundert war), hat die Gemeinde von Ephesus erkannt und das Böse hat sie nicht geduldet.

Positiv wird hervorgehoben, daß Ephesus die Werke der Nikolaiten haßt. Es besteht keine genaue Kenntnis über eine Gruppierung mit diesem Namen. Das Wort besteht jedoch aus zwei griechischen Worten, “niko”, Eroberer oder Überwinder und “laos”, das Volk - also sinngemäß Überwinder des Volkes. Das Neue Testament kennt keine “Geistlichen” und noch weniger “Priester”, außer daß alle Kinder Gottes ein königliches Priestertum innehaben. Doch gegen Ende der apostolischen Zeit gab es die Tendenz, den Ältesten der Gemeinde die alleinige Autorität über die Verwaltung der Sakramente zu geben. Mit der Zeit entstand eine Klasse, die zwischen Gott und dem einfachen Volk, den “Laien”, stand. Dies mag mit dem Begriff der Nikolaiten gemeint sein. Was in Ephesus noch “Werke” der Nikolaiten waren, wurde in der konstantinischen Zeit, in Pergamon, schließlich eine “Lehre” (
Offb 2,15).

Doch steckte schon der Keim des späteren Abfalls in Ephesus, da die Gemeinde ihre erste Liebe zu Christus verloren hatte. Das Brennen, der glühende Eifer der ersten Zeit war verschwunden, daher die Aufforderung Jesu: “Denke nun daran, wovon du gefallen bist, und tue die ersten Werke....”. Die Christen konnten auf bessere Tage zurückblicken, als ihre Liebe zu Christus noch warm und gänzlich ungehindert war. Sie hatten noch gesunde Lehre und waren aktiv im Dienst, doch das innere Motiv war ihnen abhanden gekommen (vgl. 1.Korinther 13,1-3). In diesem Verlust der ersten Liebe liegt der Beginn des Abfalls, der die Christliche Kirche im Verlauf der Geschichte immer mehr zur Hure Babylon gemacht hat. “Werke ohne die erste Liebe” ist die Beanstandung. Christus fordert die Gemeinde in Ephesus auf, Buße zu tun - andernfalls werde er den “Leuchter” in Ephesus “von seiner Stelle wegrücken”, d.h. die Gemeinde würde aufhören zu existieren. Tatsächlich ist die Stadt Ephesus im Jahr 263 n.Chr. von den Goten vernichtet worden; eine Gemeinde besteht in Ephesus nicht mehr.

Das Sendschreiben endet mit einer Verheißung an die Überwinder. Ein Überwinder ist jemand, der aus Gott von Neuem geboren ist und von Herzen glaubt, dass Jesus der Sohn Gottes ist (
1.Johannes 5,4-5). Sein Glaube ermöglicht es ihm, die Welt mit ihren Versuchungen zu überwinden. All diese werden “von dem Baum des Lebens essen”, d.h. sie werden das ewige Leben erlangen.



4) Smyrna: 150 - 313 n.Chr.

Das Sendschreiben an die Gemeinde in Smyrna steht in Offb 2,8-11:

8 Und dem Engel der Gemeinde in Smyrna schreibe: Dies sagt der Erste und der Letzte, der tot war und wieder lebendig wurde:
9 Ich kenne deine Bedrängnis und deine Armut - du bist aber reich - und die Lästerung von denen, die sagen, sie seien Juden, und es nicht sind, sondern eine Synagoge des Satans. 
10 Fürchte dich nicht vor dem, was du leiden wirst! Siehe, der Teufel wird einige von euch ins Gefängnis werfen, damit ihr geprüft werdet, und ihr werdet Bedrängnis haben zehn Tage. Sei treu bis zum Tod! Und ich werde dir den Siegeskranz des Lebens geben. 
11 Wer ein Ohr hat, höre, was der Geist den Gemeinden sagt! Wer überwindet, wird keinen Schaden erleiden von dem zweiten Tod. 

Smyrna ist die Gemeinde der großen Christenverfolgungen im Römischen Reich, also der Zeit von der Mitte des zweiten Jahrhunderts bis zum Toleranzedikt Kaiser Konstantins im Jahr 313 n.Chr. Der Name der Stadt “Smyrna” bedeutet so viel wie Myrrhe oder Bitterkeit.

Auch wenn man bei den Christenverfolgungen im Römischen Reich vor allem an die erste Verfolgung unter Kaiser Nero im Jahr 65 n.Chr. denkt, war diese Verfolgung eher unbedeutend und räumlich begrenzt. Die wirklich heftigen Christenverfolgungen im ganzen Reich fanden viel später statt - die schlimmsten davon unter den Kaisern Marc Aurel (um 170 n.Chr.), Decius (um 250 n.Chr.) und Diocletian (um 303 n.Chr.). Insgesamt unterscheidet man zehn große Verfolgungswellen, auf die man die Prophezeiung in Vers 10 bezieht: 
”...und ihr werdet Bedrängnis haben zehn Tage.”

Der erste und uns heute bekannteste Christenverfolger war Kaiser Nero, der von 54 - 68 n.Chr. regierte. Um Inspiration für seine poetischen Ergüsse zu bekommen, ließ er Rom anzünden und machte die Christen dafür verantwortlich. In Theatern und anderen öffentlichen Stätten ließ er die Christen zu Tausenden kreuzigen, verbrennen, oder mit wilden Tieren kämpfen. Auch Petrus und Paulus wurden auf seinen Befehl hin ermordet.

Die zweite Verfolgung geschah unter Domitian (Regierungszeit 81-96 n.Chr.), der sich als Jupiter anbeten ließ. Er schickte den Apostel Johannes in die Verbannung auf die Insel Patmos.

Die dritte Verfolgungswelle erlebte die frühe Gemeinde unter Trajan von 98 - 117 n. Chr. Er ließ Ignatius, einen der bekanntesten Kirchenväter vor die Löwen werfen.

Die vierte Verfolgung ereignete sich unter Kaiser Marc Aurel (161 - 180 n.Chr)., der die alte Staatsreligion mit dem römischen Ideal der stoischen Tugend mit allen Mitteln durchzusetzen versuchte.

Der fünfte Christenverfolger war Septimius Severus, der von 193 - 211 n.Chr. regierte. Er ließ den Vater von Origenes enthaupten.

Kaiser Maximinus Thrax, Regierungszeit 235 - 237 n.Chr., war der sechste Verfolger. Er ließ die Christen massenhaft niedermetzeln und in Massengräbern verscharren.

Noch fanatischer verfolgte Kaiser Decius (249 - 251 n.Chr.) die Gemeinde, mit dem Ziel, sie völlig zu vernichten. Die Verfolgung unter Decius war eine der schwersten.

Der achte Herrscher in der Reihe der Christenverfolger war Valerian. In seiner Regierungszeit 257- 260 n.Chr. starb Cyprian, Bischof von Karthago und bekannter christlicher Autor, den Märtyrertod.

Verfolger Nummer neun war Aurelian. Er regierte von 270-275 n.Chr.

Zehnter und schwerster Verfolger der Gemeinde war Diokletian, 284- 305 n.Chr. Seine Verfolgung hatte das klare Ziel einer Ausrottung des christlichen Glaubens. Praktisch alle Kirchen wurden zerstört. Alle Exemplare der Bibel sollten verbrannt werden. Seine Christenverfolgung war so grausam und umfassend im gesamten Gebiet des Römischen Reiches, daß er ein Denkmal zur Erinnerung an das Ende des Christentums errichtete. Kaum mehr als zwanzig Jahre nach seinem Tod wurde das Christentum Staatsreligion des Römischen Reiches.


Der Gemeinde in Smyrna stellt sich Christus als
”der Erste und der Letzte” vor, ”der tot war und wieder lebendig wurde:”. Diese Beschreibung ist für solche Menschen ein besonderer Trost, die jeden Tag vom Tode bedroht werden. Mit besonderer Zartheit sagt Jesus dieser Gemeinde, daß er ihre Bedrängnis und ihre Armut kennt. Doch ihrer äußeren Armut und ihrem Leid steht der geistliche Reichtum gegenüber. Aus Christenverfolgungen entstand in der Geschichte häufig äußeres und inneres Wachstum der Gemeinde - so auch im Römischen Reich. Aus dieser Zeit stammt auch das bekannte Wort von Tertullian (160-225): “Das Blut der Märtyrer ist der Same der Kirche”.

Und Jesus sagt der Gemeinde, daß er auch die “
die Lästerung von denen, die sagen, sie seien Juden,” kennt. Aber durch ihre Ablehnung Jesu zeigen sie so wie die Pharisäer, daß sie Gott fern sind und in Wahrheit eine “Synagoge des Satans”. Jesus prophezeit der Gemeinde in Smyrna, daß sie viel zu leiden haben wird, aber sie solle sich vor dem Leid nicht fürchten. Der Teufel werde zwar die Gemeinde prüfen und viele ins Gefängnis werfen - doch für diejenigen, die überwinden, gilt die Verheißung des ewigen Lebens. Die Gläubigen werden ermutigt, treu bis zum Tod zu sein, d.h. lieber zu sterben, als ihren Glauben an Christus zu widerrufen. In den römischen Christenverfolgungen wurden die Christen oft vor die Alternative gestellt, Christus zu leugnen oder zu sterben - daher wohl die Aufforderung ”Sei treu bis zum Tod!”, vgl. dazu auch Lukas 12,8-9.

Die Verheißung ist der Siegeskranz des Lebens, eine besondere Belohnung für diejenigen, die für den Namen Jesu sterben dürfen.



5) Pergamon: 313 - 600 n.Chr.

Das Sendschreiben an die Gemeinde in Pergamon steht in Offb 2,12-17:

12 Und dem Engel der Gemeinde in Pergamon schreibe: Dies sagt der, der das zweischneidige, scharfe Schwert hat:
13 Ich weiß, wo du wohnst, wo der Thron des Satans ist; und du hältst meinen Namen fest und hast den Glauben an mich nicht verleugnet, auch in den Tagen des Antipas, meines treuen Zeugen, der bei euch, wo der Satan wohnt, ermordet worden ist.
14 Aber ich habe ein weniges gegen dich, daß du solche dort hast, welche die Lehre Bileams festhalten, der den Balak lehrte, eine Falle vor die Söhne Israels hinzustellen, so daß sie Götzenopfer aßen und Unzucht trieben. 
15 So hast auch du solche, die in gleicher Weise die Lehre der Nikolaiten festhalten. 
16 Tu nun Buße! Wenn aber nicht, so komme ich dir bald und werde Krieg mit ihnen führen mit dem Schwert meines Mundes. 
17 Wer ein Ohr hat, höre, was der Geist den Gemeinden sagt! Wer überwindet, dem werde ich von dem verborgenen Manna geben; und ich werde ihm einen weißen Stein geben und, auf den Stein geschrieben, einen neuen Namen, den niemand kennt, als wer ihn empfängt.

Die Gemeinde von Pergamon kennzeichnet den Abschnitt der Kirchengeschichte von 313 n.Chr. bis zum Ende der Antike um 600 n.Chr., in der die christliche Kirche einen Bund mit dem Staat einging und schließlich zur Staatskirche wurde. Die historische Stadt Pergamon war die Hauptstadt der römischen Provinz Asia und ein Zentrum des Kaiserkults.
Übersetzt bedeutet der Name “Pergamon” so viel wie gründlich verheiratet.

In nur einem Menschenalter war aus der verfolgten Gemeinde Jesu eine staatstragende mächtige Organisation geworden. Auf die Bitterkeit (“Smyrna”) der großen Christenverfolgungen folgte unmittelbar die Hochzeit (“Pergamon”) mit dem Staat: Noch unter Kaiser Diocletian (284-305) kam es zu den vielleicht schwersten Christenverfolgungen der römischen Geschichte. Im Jahr 303 ließ Diocletian eine Triumphsäule errichten zum Zeichen, daß er die Christen und ihr heiliges Buch endgültig vernichtet habe. Doch das Christentum war nicht auszurotten und breitete sich stattdessen immer mehr aus.
Im Jahr 313 kam es deshalb zum Mailänder Toleranzedikt, mit dem der neue Kaiser Constantin (312-337) den Christen Gleichberechtigung und Religionsfreiheit gewährte. Dieses Jahr markiert die große Wende zwischen Smyrna und Pergamon: Constantin war formal zum Christentum übergetreten und gebrauchte nun die Kirche als einigendes Band und Stütze für den römischen Staat, worauf diese sich auch bereitwillig einließ. Bereits im Jahr 325 waren es nicht mehr die geistlichen Führer der Kirche, sondern der Kaiser selbst, der das Konzil von Nicäa einberief und auf dem Konzil sogar den Vorsitz führte. Im Jahr 391 wurde das Christentum schließlich von Kaiser Theodosius (379-395) zur Staatsreligion erhoben. Zugleich wurden alle heidnischen Religionen verboten und die Kirche begann damit, nun ihrerseits die heidnischen Religionen zu verfolgen. ....was für eine Perversion der Lehre Jesu. Nach dem Abfall von der ersten Liebe war die Hochzeit mit der Welt und dem Staat der zweite Schritt hin zu der “Hure Babylon”, als der die Kirche in der Endzeit erscheint.

Jesus tritt dieser Gemeinde von Pergamon als derjenige gegenüber, “
der das zweischneidige, scharfe Schwert hat”. Dieses Schwert ist das Wort Gottes (Hebräer 4,12-13), das die wahre Gemeinde Jesu von den Namenschristen trennt.
Schon der nächste Satz weist auf den Bund mit dem Kaiser hin: “
Ich weiß, wo du wohnst: wo der Thron des Satans ist”. Das “Wohnen beim Thron des Satans” ist in diesem Zusammenhang als Ausdruck dafür zu verstehen, daß die Kirche auf die Seite des Kaisers getreten war. Doch die Verfolgungen lagen noch nicht lange zurück und geschahen von genau dem Thron aus, bei dem die Kirche nun “wohnte”: “....und hast den Glauben an mich nicht verleugnet, auch in den Tagen des Antipas, meines treuen Zeugen, der bei euch, wo der Satan wohnt, ermordet worden ist.”

Doch obwohl die Gemeinde unter der Verfolgung treu geblieben war, duldete sie Menschen unter sich, die “die Lehre Bileams” und “die Lehre der Nikolaiten” festhalten. Bileam ist eine Gestalt aus dem Alten Testament, ein Mann der Gott zwar kennt, Ansehen genießt und in Seinem Namen spricht, aber doch in bloßer Halbheit bleibt und um des eigenen Vorteils willen handelt. Auch der Name der Nikolaiten deutet auf den Klerus hin, der nun in der konstantinischen Zeit immer mehr an Bedeutung gewann. Was in der apostolischen Zeit, in Ephesus, noch bloße Werke waren, das war nun zur Lehre geworden. Die echten Gläubigen werden zur Buße aufgerufen - also dazu, die Irrlehrer aus ihrer Mitte auszuschließen.

Den Überwindern verheißt Jesus, daß er ihnen
“von dem verborgenen Manna geben” werde und einen weißen Stein, auf dem ein neuer Name eingetragen ist. Das “Manna” ist ein Bild aus dem Alten Testament für himmlische Speise (4.Mose 11,7-9). Es wird an dieser Stelle auf Christus selbst gedeutet, der das lebendige Brot ist (Johannes 6,51), das vor der Welt verborgen ist.

Der “weiße Stein” war in der Antike ein Zeichen für den Freispruch in einem Gerichtsverfahren; der “neue Name” deutet wohl auf die Annahme durch Gott und die Bestimmung für das ewige Leben hin.



6) Thyatira: 600 - 1500 n.Chr.

Das Sendschreiben an die Gemeinde in Thyatira steht in Offb 2,18-29:

18 Und dem Engel der Gemeinde in Thyatira schreibe: Dies sagt der Sohn Gottes, der Augen hat wie eine Feuerflamme und Füße gleich glänzendem Erz:
19 Ich kenne deine Werke und deine Liebe und deinen Glauben und deinen Dienst und dein Ausharren und weiß, daß deine letzten Werke mehr sind als die ersten. 
20 Aber ich habe gegen dich, daß du das Weib Isebel gewähren läßt, die sich eine Prophetin nennt und meine Knechte lehrt und verführt, Unzucht zu treiben und Götzenopfer zu essen. 
21 Und ich gab ihr Zeit, damit sie Buße tue, und sie will nicht Buße tun von ihrer Unzucht.
22 Siehe, ich werfe sie aufs Bett und die, welche Ehebruch mit ihr treiben, in große Bedrängnis, wenn sie nicht Buße tun von ihren Werken. 
23 Und ihre Kinder werde ich mit dem Tod töten, und alle Gemeinden werden erkennen, daß ich es bin, der Nieren und Herzen erforscht; und ich werde euch einem jeden nach euren Werken geben. 
24 Euch aber sage ich, den übrigen in Thyatira, allen, die diese Lehre nicht haben, welche die Tiefen des Satans, wie sie es nennen, nicht erkannt haben: Ich werfe keine andere Last auf euch.
25 Doch was ihr habt, haltet fest, bis ich komme! 
26 Und wer überwindet und meine Werke bis ans Ende bewahrt, dem werde ich Macht über die Nationen geben; 
27 und er wird sie hüten mit eisernem Stab, wie Töpfergefäße zerschmettert werden, 
28 wie auch ich von meinem Vater empfangen habe; und ich werde ihm den Morgenstern geben.
29 Wer ein Ohr hat, höre, was der Geist den Gemeinden sagt !

Die Gemeinde von Thyatira kennzeichnet das Zeitalter des Katholizismus zwischen der ausgehenden Antike und dem Beginn der Reformation. Dies ist die Zeit von 600 n.Chr. bis 1500 n.Chr. Der Name “Thyatira” bedeutet so viel wie fortwährendes Opfer, genau das, worum es in der katholischen Messe geht. Der Gottesdienst verkümmert zur Gedenkfeier, die Gemeinde wird zum Zuschauer der Meßopfer, die von den Priestern dargebracht werden. Rituale ersetzen den Glauben.

Mit dem Zug der Langobarden nach Italien im Jahr 568 n.Chr. war die Völkerwanderung abge- schlossen. Oft wird dieses Datum als Übergang von der Antike zum Mittelalter angesehen. Weitere Umwälzungen ergaben sich durch das Auftreten Mohammeds und die arabisch-islamischen Eroberungen ab 632 n.Chr, durch die der vordere Orient unter islamische Herrschaft geriet und das Christentum von Asien und Afrika abgeriegelt wurde. In derselben Zeit begann mit dem Aufstieg des Papsttums eine Entwicklung Raum zu greifen, die schließlich zum Katholizismus heutiger Prägung führte. Gekennzeichnet war diese Entwicklung durch wachsende weltliche Macht der Kirche, durch eine immer stärkere Betonung der Ämter und Sakramente, durch das Verbot der Bibel für “Laien” und in der Folge durch das Eindringen von unchristlichen Lehren wie Heiligen- und Marienverehrung in die kirchliche Dogmatik. Die wahre Gemeinde Jesu war auch während dieser Jahrhunderte vorhanden, aber sie mußte im Verborgenen bleiben und wurde von der Kirche und dem Papsttum blutig verfolgt. Manche bezeichnen diese Jahrhunderte als die babylonische Gefangenschaft der Kirche - Gefangenschaft der Gemeinde in Babylon.

Jesus tritt der Gemeinde von Thyatira als derjenige gegenüber, “
der Augen hat wie eine Feuerflamme und Füße gleich glänzendem Erz.” Diese Bilder - durchbohrender Blick, eherne Füße - deuten in der biblischen Symbolik auf das drohende Gericht hin.

Aber auch diese Gemeinde wird gelobt. Ihr mangelte es nicht an Werken, Liebe, Glaube, Dienst und geduldigem Ausharren. Ihre Werke wurden sogar mehr statt weniger - und in der Tat war gerade während des Mittelalters die äußere Frömmigkeit der Menschen groß und viele Menschen lebten als Mönche oder Nonnen, gaben ihr ganzes Leben Gott hin - viele als Bettelmönche und jedem irdischen Reichtum entsagend. Wahrhaftig Liebe, Glaube, geduldiges Ausharren.

Doch es wurden auch unreine Lehren geduldet. So steht der Name der Isebel - eine Gestalt des Alten Testaments, die das Volk Israel zum Götzendienst verführte - symbolisch für das Eindringen des Götzendienstes in die christliche Gemeinde (“
und Götzenopfer zu essen”). Der Verzehr des Götzenopferfleischs steht hier symbolisch für die Teilnahme an dem heidnischen Kult selbst - also einen Verstoß gegen das erste Gebot: “Ich bin der Herr, dein Gott, Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.” In die gleiche Richtung geht auch der Begriff der Unzucht. Es geht dabei um geistliche Unzucht, bei der die Braut Christi - die christliche Gemeinde - ihr Herz an andere Götter hängt. Es liegt nahe, in der weiblichen Figur der Isebel, die sich zum Beherrscher der Gemeinde aufschwingt, einen Hinweis auf die Maria des Katholizismus und deren gottgleiche Verehrung zu sehen. Doch Gott gab der Gemeinde von Thyatira “Zeit, um Buße zu tun”; ein Hinweis auf die lange Dauer dieses Abschnitts der Kirchengeschichte. Doch weil Thyatira nicht Buße tun will, kommt schließlich das Gericht Gottes über diese Kirche.

Es gab aber einen treuen Überrest in Thyatira (diejenigen, die “
die diese Lehre nicht haben”). Keine andere Last wird ihnen auferlegt, als die Wahrheit festzuhalten und zu überwinden. Diesem treuen Überrest wird die Herrschaft mit Christus verheißen. So wird den Überwindern verheißen, den “Morgenstern” zu empfangen - gemeint ist damit Christus (vgl. Offb 22,16).



7) Sardes: 1500 - 1750 n.Chr.

Das Sendschreiben an die Gemeinde in Sardes steht in Offb 3,1-6:

1 Und dem Engel der Gemeinde in Sardes schreibe: Dies sagt der, der die sieben Geister Gottes und die sieben Sterne hat: Ich kenne deine Werke, daß du den Namen hast, daß du lebst, und bist tot.
2 Wach auf und stärke das übrige, das im Begriff stand zu sterben! Denn ich habe vor meinem Gott deine Werke nicht als völlig befunden.
3 Denke nun daran, wie du empfangen und gehört hast, und bewahre es und tue Buße! Wenn du nun nicht wachst, werde ich kommen wie ein Dieb, und du wirst nicht wissen, zu welcher Stunde ich über dich kommen werde. 
4 Aber du hast einige wenige Namen in Sardes, die ihre Kleider nicht besudelt haben; und sie werden mit mir einhergehen in weißen Kleidern, denn sie sind es wert. 
5 Wer überwindet, der wird so mit weißen Kleidern bekleidet werden, und ich werde seinen Namen aus dem Buch des Lebens nicht auslöschen und seinen Namen bekennen vor meinem Vater und vor seinen Engeln. 
6 Wer ein Ohr hat, höre, was der Geist den Gemeinden sagt!

Sardes bedeutet die Entronnenen oder Erneuerung - von der Bedeutung ist letzteres fast wortgleich mit “Reformation”. Für dieses Zeitalter steht denn auch die Gemeinde von Sardes.

Um 1500 war die Allmacht der Päpste fast absolut. Den einfachen Gläubigen war bei Todesstrafe der Besitz einer Bibel verboten. Das unmittelbar vorangegangene 14. und 15. Jahrhundert war ein Zeitalter schwerer Christenverfolgungen, die Zeit der Inquisition und der brennenden Scheiterhaufen für die “Ketzer”. Nur war es jetzt die katholische Kirche selbst, welche die wahre Gemeinde Jesu verfolgte - blutiger und vernichtender als jede andere antichristliche Macht zuvor.

Sardes war eine tote Gemeinde, weil sie in dieser Finsternmis zuvor abgetötet wurde. Es war nur noch ein geringer Überrest der Gemeinde Jesu vorhanden. Doch Gott erweckte seine Gemeinde mit Martin Luther, mit der Reformation, zu neuem Leben “
Wach auf und stärke das übrige, das im Begriff stand zu sterben!”. Aber die Reformation blieb letztlich unvollendet, auf halbem Wege stehen. Die Reformatoren - Luther, Zwingli, Calvin u.a. - schafften vor allem den heidnischen Bilder-, Reliquien- und Marienkult ab, doch wurde nicht der Heilige Geist zurück in die Gemeinden gebracht, wie es am Anfang war. Vielmehr blieb der Klerus, es wurde vieles an Organisation und Katechismus von der Katholischen Kirche übernommen. So blieb es bei den großen Erkenntnissen Luthers, daß der Mensch nicht durch eigene Werke, sondern nur durch den Glauben an die Erlösung durch Jesus gerecht wird. An der Kindertaufe wurde jedoch festgehalten und zu deren späterer Bekräftigung eine “Konfirmation” eingeführt, von der in der Bibel keine Rede ist. Es blieb vor allem bei dem Zustand von Pergamon - der Verbindung mit dem Staate. So waren auch die protestantischen Kirchen der Reformation Staatskirchen, welche zudem ihrerseits dazu übergingen, glaubenstaufende Gruppen wie die Mennoniten (“Wiedertäufer”) zu verfolgen. Die große Bedeutung dieser Täuferbewegung wird erst heute erkannt: Menschen nahmen entsprechend der Lehre Luthers die Bibel als oberste Autorität für ihr Leben und das der Gemeinde an. Freie Gemeinden entstanden, die nicht Institution oder Machtapparat, sondern Versammlung wiedergeborener Gläubiger waren. Da sie die biblische Taufe lehrten und praktizierten, wurden sie von der katholischen Kirche genauso verfolgt, wie von der Kirche der Reformation. Sie breiteten sich besonders in Süddeutschland, der Schweiz und Mähren aus. Kaiser Karl V. befahl im Januar 1528, die Täufer ohne Verhör mit Feuer und Schwert hinzurichten. Wer Täufern Zuflucht gab, verfiel dem Bann. Dieses Mandat wurde auf dem 2.Reichstag zu Speyer 1529 mit Zustimmung der Lutheraner zum Reichsgesetz. Die Täuferbewegung wurde in der Folge - durch Katholiken und Lutheraner gleichermaßen - im Blut ertränkt. Es kann daher nicht ganz überraschen, dass der Gemeinde von Sardes gesagt wird: “Denn ich habe vor meinem Gott deine Werke nicht als völlig befunden.”

Gleich zu Beginn heißt es - noch stärker -: “Ich kenne deine Werke, daß du den Namen hast, daß du lebst, und bist tot.” 

In der Tat war das Ergebnis der Reformation keine wirkliche Erneuerung, obwohl sie diesen Namen trägt, sondern nur ein neues Staatskirchentum in geändertem Gewande, welches zwar theologisch richtiger als das Vorige aber allein deshalb noch längst nicht vom Heiligen Geist inspiriert war, sondern tot. Die Zeit der Nachreformation war eine Zeit der theologischen Richtigkeiten, aber gerade nicht der Strahlkraft einer lebendigen und geisterfüllten Kirche.

Jesus ermahnt seine Gemeinde: “
Denke nun daran, wie du empfangen und gehört hast, und bewahre es und tue Buße!”

Wie bei den vorigen Gemeinden gibt es aber auch in Sardes einen treuen Überrest, von dem es heißt, dass sie ihre Kleider nicht besudelt haben. Jesus verheißt diesen Überwindern, dass sie mit ihm einhergehen werden in weißen Kleidern und ihr Name wird aus dem Buch des Lebens nicht ausgelöscht, “denn sie sind es wert”.



8) Philadelphia: 1750 - 1900 n.Chr.

Das Sendschreiben an die Gemeinde in Philadelphia steht in Offb 3,7-13:

7 Und dem Engel der Gemeinde in Philadelphia schreibe: Dies sagt der Heilige, der Wahrhaftige, der den Schlüssel Davids hat, der öffnet, und niemand wird schließen, und schließt, und niemand wird öffnen:
8 Ich kenne deine Werke. Siehe, ich habe eine geöffnete Tür vor dir gegeben, die niemand schließen kann; denn du hast eine kleine Kraft und hast mein Wort bewahrt und hast meinen Namen nicht verleugnet. 
9 Siehe, ich gebe Leute aus der Synagoge des Satans, von denen, die sich Juden nennen und es nicht sind, sondern lügen; siehe, ich werde sie dahin bringen, daß sie kommen und sich niederwerfen vor deinen Füßen und erkennen, daß ich dich geliebt habe. 
10 Weil du das Wort vom Harren auf mich bewahrt hast, werde auch ich dich bewahren vor der Stunde der Versuchung, die über den ganzen Erdkreis kommen wird, um die zu versuchen, die auf der Erde wohnen. 
11 Ich komme bald. Halte fest, was du hast, damit niemand deinen Siegeskranz nehme! 
12 Wer überwindet, den werde ich im Tempel meines Gottes zu einer Säule machen, und er wird nie mehr hinausgehen; und ich werde auf ihn schreiben den Namen meines Gottes und den Namen der Stadt meines Gottes, des neuen Jerusalem, das aus dem Himmel herabkommt von meinem Gott, und meinen neuen Namen. 
13 Wer ein Ohr hat, höre, was der Geist den Gemeinden sagt!

Philadelphia heißt Bruderliebe. Es handelt sich neben Smyrna um die einzige der sieben Gemeinden, die nicht kritisiert wird. Gemeint ist das Zeitalter der großen Erweckungen und des missionarischen Aufbruchs von 1750 - 1900, der das Christentum von Europa aus in alle Welt trug.

In dieser Zeit entstanden zahlreiche Erweckungsbewegungen, die das leblose Staatskirchentum der Reformation von innen her aufbrachen und zur Neuentdeckung des biblischen Christentums führten.

Zu nennen ist hier beispielhaft das Wirken von John Wesley (1703 - 1791) in England, auf dessen unermüdliche evangelistische Tätigkeit eine bedeutende Erweckung in England und später auch in Amerika zurückgehen. In Deutschland wirkte zu derselben Zeit Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf (1700 - 1760), auf den die Brüderbewegung (“Herrnhuter”) und der deutsche Pietismus zurückzuführen sind. Diese Zeit des Pietismus war aber zugleich auch eine Zeit großer Missionsbewegungen, die teilweise mit geringsten materiellen Mitteln Großes im Reich Gottes bewirkten. So wurde in dieser Zeit die Grundlage für die Evangelisation Amerikas, Afrikas und Asiens gelegt - erst in dieser Zeit wurde der christliche Glaube global. Im 19. Jahrhundert folgten gewaltige Erweckungen in Amerika, die aus den USA das evangelikal geprägte Land (“Bible Belt”) gemacht haben, als das wir es kennen.

Obwohl die Gemeinde in Philadelphia nur eine
“kleine Kraft” hatte, bestätigt Jesus ihr doch, daß er ihr eine Tür aufschließt, die niemand wieder verschließen kann. Und Gott hat die Tür geöffnet, indem gerade in dieser Epoche fast die ganze Welt unter die Herrschaft europäischer Länder kam (Kolonialismus). Unabhängig von den egoistischen und keineswegs den Absichten Gottes entsprechenden Zielen, mit denen die Europäer ihre Kolonien eroberten, wurde durch diese Tür das Evangelium hinaus in die Welt getragen. Es gibt heute in jedem Staat der Welt Christen; in vielen Ländern Agfrikas, Asiens und Amerikas blühen die Kirchen und wachsen.

Eine offene Tür ist auch ein Bild für Annahme des Evangeliums, für Erweckung. Diese Erweckung schenkt Jesus dort, wo das Wort in Geduld bewahrt wird, auch wenn sich nicht sofort sichtbare Erfolge einstellen. Außerdem wird dieser Gemeinde versichert, daß Gott sie bewahren wird vor der Stunde der Versuchung, d.h. sie wird die letzten Gerichte Gottes über diese Erde nicht mehr miterleben müssen (“Weil du das Wort vom Harren auf mich bewahrt hast, werde auch ich dich bewahren vor der Stunde der Versuchung, die über den ganzen Erdkreis kommen wird, um die zu versuchen, die auf der Erde wohnen.). Man kann dies wohl auch als Hinweis auf die Entrückung deuten.

Doch auch Philadelphia wird ermahnt:
“Halte fest, was du hast, damit niemand deinen Siegeskranz nehme!”


9) Laodizäa: 1900 - ......

Das Sendschreiben an die Gemeinde in Laodizäa steht in Offb 3,14-22:

14 Und dem Engel der Gemeinde in Laodizäa schreibe: Dies sagt der "Amen", der treue und wahrhaftige Zeuge, der Anfang der Schöpfung Gottes: 
15 Ich kenne deine Werke, daß du weder kalt noch heiß bist. Ach, daß du kalt oder heiß wärest! 
16 Also, weil du lau bist und weder heiß noch kalt, werde ich dich ausspeien aus meinem Munde.
17 Weil du sagst: Ich bin reich und bin reich geworden und brauche nichts, und nicht weißt, daß du der Elende und bemitleidenswert und arm und blind und bloß bist, 
18 rate ich dir, von mir im Feuer geläutertes Gold zu kaufen, damit du reich wirst; und weiße Kleider, damit du bekleidet wirst und die Schande deiner Blöße nicht offenbar werde; und Augensalbe, deine Augen zu salben, damit du siehst. 
19 Ich überführe und züchtige alle, die ich liebe. Sei nun eifrig und tu Buße! 
20 Siehe, ich stehe an der Tür und klopfe an; wenn jemand meine Stimme hört und die Tür öffnet, zu dem werde ich hineingehen und mit ihm essen, und er mit mir. 
21 Wer überwindet, dem werde ich geben, mit mir auf meinem Thron zu sitzen, wie auch ich überwunden und mich mit meinem Vater auf seinen Thron gesetzt habe. 
22 Wer ein Ohr hat, höre, was der Geist den Gemeinden sagt! 

Dieses Sendschreiben steht für den letzten Abschnitt der Kirchengeschichte von 1900 bis zur Zeit der Trübsal. Laodizäa bedeutet so viel wie Herrschaft des Volks. Der Name Laodizäa ist damit praktisch synonym mit dem Wort “Demokratie” - beinahe erschreckend, sich dies zu vergegen- wärtigen.

Gemeint ist damit eine Kirche, die durch Mehrheiten und nicht mehr durch das Wort Gottes gelenkt wird. Der Pluralismus vieler Kirchen und Gemeinden von heute beinhaltet Aspekte des biblischen Glaubens ebenso, wie falsche Religion, tote Tradition, Gesetzlosigkeit und Götzendienst. Dieses Gemisch aus Glauben, Unglauben und dämonischen Einflüssen ist nicht nach dem Geschmack Gottes. Es ist lau, Jesus speit es aus seinem Mund aus.

Herausragendes Kriterium dieses Abschnittes der Kirchengeschichte ist eine geistliche Sattheit, die daher rührt, daß die Gemeinde Reichtum mit Gegenwart Gottes verwechselt. Noch nie in der Kirchengeschichte waren die Möglichkeiten so groß, noch nie war eine Bibel billiger, noch nie gab es eine so reiche Auswahl an guten christlichen Büchern, Videos und Tonträgern. Gerade im Bereich biblischer Erkenntnisse stehen der heutigen Christenheit durch diese modernen Medien in ungeheurer Vielzahl die Werke großer Männer und Frauen Gottes zur Verfügung. Doch steht das Ergebnis wohl in keinem Verhältnis dazu.
 

Gerade zu solch einer "reichen" Gemeinde redet Jesus wiederholt vom Überwinden. Warum? Jesu Ziel mit uns ist innigste Gemeinschaft, verdeutlicht durch das Bild vom Abendmahl (“Siehe, ich stehe an der Tür und klopfe an; wenn jemand meine Stimme hört und die Tür öffnet, zu dem werde ich hineingehen und mit ihm essen, und er mit mir.”). Geistliche Sattheit, die ein Hindernis für die Gemeinschaft mit Jesus ist, muß überwunden werden. Das gilt für alle Kirchen und Gemeinden gleichermaßen. Die Erkenntnis der eigenen Armut ohne den Geist Gottes und der Hunger nach "mehr von Gott" ist die wichtigste Voraussetzung für die Gemeinde unserer Zeit, um an der Entrückung teilzuhaben. Jesus steht vor der Tür! Die Gemeinde Jesu unserer Zeit hat ihren Herrn wohl oftmals nicht mehr in ihrer Mitte - aber er klopft an. Machen wir ihm auf?

Jesus kritisiert nicht, ohne einen konkreten Ausweg zu zeigen. Auch darin zeigt sich seine Liebe zu uns: “
Ich überführe und züchtige alle, die ich liebe. Sei nun eifrig und tu Buße!” 

Überwindung der Situation und Buße kann geschehen, wenn wir drei Dinge kaufen: Gold, im Feuer geläutert, weiße Kleider und Augensalbe. Weil du sagst: Ich bin reich und bin reich geworden und brauche nichts, und nicht weißt, daß du der Elende und bemitleidenswert und arm und blind und bloß bist, rate ich dir, von mir im Feuer geläutertes Gold zu kaufen, damit du reich wirst; und weiße Kleider, damit du bekleidet wirst und die Schande deiner Blöße nicht offenbar werde; und Augensalbe, deine Augen zu salben, damit du siehst.”

Wohlgemerkt sagt uns Jesus nicht, wir sollten Gnadengeschenke annehmen, nein er redet hier von kaufen. Die Überwindung unserer geistlichen Sattheit hat ihren Preis, sie kostet etwas.

Erstens: Die Bereitschaft zur Heiligung, die auch Zeiten der Prüfung (...
im Feuer geläutertes...) einschließt, so daß allein übrigbleibt, was in Jesu Augen Wert hat (Gold).

Zweitens: “
Weiße Kleider”, ein Bild für die Gerechtigkeit durch Jesus. Warum aber sollten wir diese Gerechtigkeit kaufen? Bekommen wir sie nicht umsonst? Das Bekenntnis zum Empfang dieser Gerechtigkeit kostet uns unseren "alten Menschen". Denken wir dabei nur an die Taufe als Bekenntnis der empfangenen Wiedergeburt. Gal. 3,27 sagt uns, daß wir durch die Taufe Christus - d.h. damit auch das Kleid seiner Gerechtigkeit angezogen haben. Die meisten Christen hat diese Entscheidung etwas gekostet. Auch ein klares Zeugnis auf unserer Arbeitsstelle oder in der Schule kann uns Ansehen oder Freundschaften kosten.

Drittens: “
Augensalbe” - ein Bild für Salbung des Heiligen Geistes. Durch ihn lernen wir uns und unsere Umstände aus der Sicht Gottes zu sehen - wir bekommen einen Blick für das Reich Gottes; unsere Augen werden geheilt, damit wir erkennen, daß wir zu weit mehr berufen sind, als wir ahnen. Satan ist bemüht, die Menschen über ihre wirkliche Stellung im Unklaren zu lassen. Erst die Augensalbe des Heiligen Geistes läßt uns unsere Berufung und unser Erbe in Jesus erkennen. Wir sehen dieses Leben nicht mehr als das Wichtigste an, sondern wissen, daß wir für die Ewigkeit leben. Wir fürchten nicht mehr die Schwierigkeiten und Probleme dieser Welt, sondern wir wissen, dass Gott alles vermag - alles. Wer das erkannt hat, ist bereits von Gott mit dieser Augensalbe behandelt worden. Gott gibt auch in unserer Zeit Erweckungen von nicht gekanntem Ausmaß, es gibt auch heute ein Wachstum des Evangeliums. Das darf uns aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß in dieser Zeit der Herr der Finsternis dabei ist, eine Christenheit ohne Christus zu etablieren.

Diese wird in der Offenbarung des Johannes Hure Babylon genannt. Während Luther, und viele Theologen des Mittelalters in der römisch-katholischen Kirche die Hure Babylon, und im Papst den Antichristen sahen, sind heute in Deutschland Bestrebungen nach einer multireligiösen kirchlichen Institution mehr in der Leitung mancher evangelischer Landeskirchen und den Beschlüssen des Weltkirchenrates zu erkennen. Die Hure Babylon kann jedoch nie an Konfessionen festgemacht werden. Sie ist Christenheit ohne Wahrheit, ohne den Heiligen Geist und damit ohne Christus.

Und zuletzt gilt auch für Laodizäa die Verheißung Jesu ebenso wie für die früheren Gemeinden: “
Wer überwindet, dem werde ich geben, mit mir auf meinem Thron zu sitzen.”

Sei Du ein solcher Überwinder!
Ingmar




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